Am 23. September 2024 lud das Düsseldorfer Institut für Energierecht (DIER) zum Forum Energierecht mit dem Thema „Ausschreibungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen“ ein. Die hybride Veranstaltung fand in Präsenz im Haus der Universität in Düsseldorf und virtuell über YouTube statt. Als Referenten konnten sowohl Vertreter der Bundesnetzagentur (Dr. Jochen Patt, Neal Burtoft) als auch aus der anwaltlichen Praxis (RA Sebastian Lutz-Bachmann, LL.M.) gewonnen werden.
Nach einer kurzen Begrüßung durch Frau Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kichhof, Direktorin des DIER, trug Herr Neal Burtoft, Referat für Erneuerbare Energien der Bundesnetzagentur, zu den Ausschreibungen für Onshore-Windkraft- und Solaranlagen vor. Er verortete Konzept und Ziel der Ausschreibungen innerhalb der Förderungsmechanismen nach dem EEG (insbesondere Einspeisevergütung oder Marktprämie) als Möglichkeit, eine Marktprämie wettbewerblich zu bestimmen. Bei der Marktprämie handele es sich um einen staatlich garantierten jährlichen Mindestpreis für eine kWh an Strom, die gezahlt wird, wenn der garantierte Preis am Markt nicht erzielt werden kann. Die Ausschreibungsverfahren seien technologiespezifisch ausgestaltet und die Ausschreibungsvolumen orientieren sich am gesetzlich vorgegebenen Ausbaupfad. Im Bereich Solar- und Windenergie an Land müssten Anlagen mit einer Leistung von mehr als 1 MW grundsätzlich an den Ausschreibungen teilnehmen. Bei den Windkraft-Anlagen würden gegenwärtig fast alle neu in Betrieb genommenen Projekte durch das Ausschreibungsverfahren gefördert, bei den Solaranlagen hingegen nur ca. 30 %. . Bisher hätten die jeweils günstigsten Gebote den Zuschlag erhalten, bis das Ausschreibungsvolumen insgesamt erreicht ist. Allerdings müssten ab dem 30.12.2025 auf Grundlage des unionalen Net Zero Industry Act mindestens 30% des Ausschreibungsvolumen nicht-preisliche Kriterien (unternehmensbezogene Kriterien, Resilienz und Nachhaltigkeit) einbezogen werden. Dabei sei es den Mitgliedstaaten freigestellt, ob Sie die Kriterien zur Vorqualifikation der zulässigen Gebote oder als Bewertungskriterien bei der Zuschlagserteilung berücksichtigen. Eine Befreiung von den zusätzlichen Kriterien sei aber möglich, wenn andernfalls eine Kostensteigerung von über 15 % drohe.
Anschließend referierte Herr Dr. Jochen Patt, Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur, zu den Ausschreibungen für Offshore-Windkraftanlagen. Solche Ausschreibungen gäbe es erst seit dem Jahr 2017. Rechtsgrundlage sei das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG). Gegenstand der Ausschreibungen seien Flächen in Nord- und Ostsee sowie das Recht, Strom in das Stromnetz einspeisen zu dürfen. Eine besondere Herausforderung ergebe sich aus dem ambitionierten Ziel des WindSeeG 2022, bis zum Jahr 2030 Anlagen mit einer Kapazität von 30 GW in Betrieb zu nehmen. Das entspräche einer Verdreifachung des gegenwärtigen Standes von ca. 9 GW. Bereits in der ersten Ausschreibungsrunde 2017/2018 hätten die Bieter überraschenderweise durch „Null-Cent-Gebote“ auf eine staatliche Förderung verzichtet. Das preisliche Kriterium hätte in den weiteren Ausschreibungsrunden deshalb von der niedrigsten Fördersumme auf die höchste Zahlungsbereitschaft der Bieter umgestellt werden können. Mit dem WindSeeG 2022 seien neue Auktionsformate eingeführt worden; so würden nicht nur voruntersuchte, sondern auch nicht voruntersuchte Flächen versteigert. Auch seien bei den voruntersuchten Flächen neben der Zahlungsbereitschaft zusätzliche qualitative Kriterien (z. B. der Anteil des Einsatzes Erneuerbarer Energien bei der Herstellung oder auch die Ausbildungsquote der Unternehmen) zu berücksichtigen. In den Ausschreibungsrunden der Jahre 2023 und 2024 habe sich herausgestellt, dass die Bieter trotz der damit verbundenen Unsicherheit und etwaiger Mehrkosten durch die eigenständige Untersuchung bereit waren, für die nicht voruntersuchten Flächen deutlich größere Beträge pro GW zu zahlen (2023: 1,8 Mrd zu 0,44 Mrd). Herr Patt nannte als mögliche Gründe insbesondere eine geringere Attraktivität der konkret ausgeschriebenen Flächen sowie die durch die qualitativen Kriterien ausgelöste Unsicherheit.
Das dritte, von Herrn Lutz-Bachmann gehaltene Referat komplettierte den Blick auf die Ausschreibungsverfahren durch einen Ausblick auf die europarechtlichen Entwicklungen und die praktischen Erfahrungen der Ausschreibungsteilnehmer. Aktuell habe die Kommission zunächst den Wind Power Action Plan und sodann am 13.05.2024 neue Empfehlungen und Leitlinien für die Beschleunigung des Ausbaus Erneuerbarer Energien vorgelegt. Die Kommission schlage insbesondere vor, verstärkt auch in Ausschreibungsverfahren qualitative Kriterien zu berücksichtigen. Verbindlich umgesetzt werde dieser Aspekt durch den Net Zero Industry Act („NZIA“). Der NZA sehe die Berücksichtigung qualitativer Kriterien im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens zur Beurteilung der Resilienz und der Nachhaltigkeit des Gebots bzw. des Bieters verbindlich vor. Die genaue Ausgestaltung dieser Kriterien sei gem. Art. 26 Abs. 3 NZIA aber einem Durchführungsrechtsakt vorbehalten, den die Kommission unter Mitwirkung der Mitgliedstaaten erlässt. Ebenfalls berichtete Herr Lutz-Bachmann von den bisherigen Erfahrungen mit den Ausschreibungsverfahren. Die Ausschreibungsverfahren seien durch eine hohe Wettbewerbsintensität geprägt, die sich in der regelmäßigen Überzeichnung der ausgeschriebenen Mengen zeige. Ein Grund für die große Nachfrage in Deutschland dürfte auch die im internationalen Vergleich äußerst professionelle Durchführung der Ausschreibungsverfahren durch die Bundesnetzagentur sein. Für wesentliche Verunsicherung bei den Marktteilnehmern haben allerdings die nunmehr und zukünftig vermehrt vorgesehenen qualitativen Kriterien gesorgt.
An die Vorträge der Referenten und der Referentin schloss sich eine angeregte Diskussion mit den Teilnehmenden vor Ort und im digitalen Raum an. In dieser Diskussion wurden die Teilnehmenden aus dem virtuellen Raum von Herrn Dr. Daniel Busche, Habilitand am DIER, vertreten. Das Publikum wurde durch ein digitales Abstimmungstool einbezogen. Die angeregte Diskussion fand bei einem Get‑together auf Einladung der Düsseldorfer Vereinigung für Energierecht (DVER) im Foyer des Hauses der Universität einen geselligen Ausklang. Wir bedanken uns herzlich bei den Referenten für ihre herausragenden Vorträge und bei den Teilnehmern und Teilnehmerinnen für ihre Beiträge zu der anregenden Diskussion.