Am 3. und 4.5.2022 sind Studierende des Schwerpunkts 1 (Deutsches und Internationales Privat- und Verfahrensrecht) gemeinsam mit Prof. Dr. Dirk Looschelders und Prof. Dr. Katharina Lugani sowie einigen Lehrstuhlangehörigen zum EuGH gefahren, um an der mündlichen Verhandlung in der Rechtssache C‐354/21, R.J. R./Valstybės įmonė Registrų teilzunehmen und den EuGH zu besichtigen.
Nach einem informellen Auftakt am Dienstag Abend fand sich die Gruppe am Mittwoch früh zur Sicherheitskontrolle beim EuGH ein; es folgte eine Einführung in den Fall durch Prof. Dr. Juliana Mörsdorf, auf deren freundliche Vermittlung der Besuch hatte stattfinden können. Um 9 Uhr 30 begann die mündliche Verhandlung im beeindruckenden Ambiente der Grande Salle, des großen Verhandlungssaals. Nach Plädoyers von Vertreterinnen und Vertretern Litauens, Deutschlands, Spaniens und der Kommission folgte ein intensives Rechtsgespräch mit den Richtern der Kammer und dem Generalanwalt Szpunar. In der Sache ging es um die EuErbVO – die auch aktuell den Gegenstand der Grundmodulsvorlesung von Prof. Lugani bildet - , genauer gesagt um die Frage, ob Art. 1 Abs. 2 Buchst. l und Art. 69 Abs. 5 EuErbVO dahin auszulegen sind, dass sie der Anwendung von Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem ein Grundstück belegen ist, nicht entgegenstehen, wonach Eigentumsrechte nur dann aufgrund eines Europäischen Nachlasszeugnisses in das Liegenschaftsregister eingetragen werden können, wenn alle für die Eintragung erforderlichen Angaben in dem Europäischen Nachlasszeugnis enthalten sind. Der auf den ersten Blick womöglich etwas trockenen Fragestellung liegt ein hochspannender Konflikt im Bermuda-Viereck von Erbstatut, ENZ-Vorgaben der EuErbVO, nationalem Registerrecht und Sachenrechtsstatut zugrunde. Je nach Ausgang des Verfahrens könnte der Fall auch für das deutsche Recht und das Vorgehen der Nachlassgerichte unmittelbare Folgen haben. Die Schlussanträge von Generalanwalt Szpunar wurden für den 14.7.2022 angekündigt. Die intensive mündliche Verhandlung dauerte ca 150 Minuten – spürbar länger als avisiert – und brachte spannende Wendungen und angeregte Dialoge. Beeindruckend war nicht nur die imposante Kulisse, beeindruckend waren vor allem die tiefe Befassung der Richter mit der Materie, die herausfordernde Arbeit der Übersetzerinnen und Übersetzer sowie die interessanten und zum Teil überraschenden Einblicke in die divergierenden nationalen Rechte und Denkweisen.
Später erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch Einführungen in die Arbeit des EuG und des EuGH durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des EuGH. Wir danken unseren Gastgebern am EuGH, insbesondere Prof. Dr. Juliana Mörsdorf, ganz herzlich!