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EU Competition Conference 2019

EU Competition Conference in Brüssel

 

 

Alle zwei Jahre veranstaltet das Institut für Kartellrecht der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zusammen mit der Kanzlei CMS die EU Competition Conference in Brüssel. Am 11. September 2019 kam es zur Neuauflage der Konferenzreihe – terminlich passend einen Tag, nachdem Ursula von der Leyen Margrethe Vestager als Kommissarin für Wettbewerbsrecht bestätigt hat und zwei Tage, nachdem die Kommission Wettbewerbsrecht 4.0 ihre Vorschläge präsentiert hat. Sowohl die Panels als auch das Publikum waren hochkarätig besetzt mit rund 200 Anwälten, Mitarbeitern von Kartellbehörden, Unternehmensjuristen, Vertretern von Wirtschaftsverbänden und Doktoranden unserer Universität.

 

Anders als heutzutage üblich waren weder Plattformökonomie noch Digitalisierung als Thema vorgesehen (kamen aber trotzdem zwischenzeitlich zur Sprache). Nach einer Keynote Speech durch den Europaabgeordneten Dr. Andreas Schwab, der im Parlament für das Kartellrecht zuständig ist, u. a. zum Deutsch-Französisch-Polnischen Vorschlag zur Modernisierung des europäischen Wettbewerbsrechts und zur Industriepolitik, befasste sich das erste Panel des Tages mit Themen der Fusionskontrolle.

Alle Redner zeigten sich skeptisch bezüglich der Berücksichtigung von industriepolitischen Erwägungen bei der Fusionskontrolle. Bei dem Fusionsverbot von ThyssenKrupp und Tata wären z. B. laut Benedikt Ecker solche Erwägungen nicht zuträglich gewesen, sondern vielmehr eine andere Marktabgrenzung. Auch die enorm hohen Bußgelder beim Verstoß gegen das Vollzugsverbot und die künftigen Richtlinien der französischen Autorité de la Concurrence hierzu wurden thematisiert.

 

Das zweite, nicht weniger hochkarätig besetzte, Panel widmete sich dem missbräuchlichen Verhalten. Insbesondere lag das Augenmerk auf der Marktmacht von Einkaufsgemeinschaften im Lebensmitteleinzelhandel. Hierbei wurde intensiv über das Delisting von Produkten durch Einzelhändler als starkes Instrument (so Ben Graham und Michelle Gibbons) oder als notwendiges Verteidigungsmittel gegen die marktmächtigen Zulieferer (so Jan Werner von der Metro Group aus dem Auditorium) diskutiert. Prof. José Luís Cruz Vilaça bot Einblicke in den Intel-Fall, den er als Richter am EuGH federführend verantwortet hatte.

 

Weiterhin berichtete Marieke Scholz im dritten Panel, dass die Kommission derzeit die vertikale Gruppenfreistellungsverordnung überarbeitet und die Unterstützung aus der Praxis bei der Evaluierung groß gewesen sei. Auch wenn das Feedback zur GVO grundsätzlich gut sei, müssen doch neuere Entwicklungen berücksichtigt werden. Weitere Themen dieses dritten Panels waren die Coty-Entscheidung und die Frage, was Luxusgüter sind sowie die Möglichkeit der Kooperation mit der österreichischen Wettbewerbsbehörde bei vertikalen Preisbindungen.

 

Das letzte Panel des Tages widmete sich der Situation nach der Kartellschadensersatzrichtlinie. Dr. Tilman Makatsch berichtete, dass es noch immer große Unterschiede für Kläger in den verschiedenen Jurisdiktionen gibt. Prof. Christan Kersting erläuterte die Rechtsprechung des EuGH in Sachen Skanska. Diese bahnbrechende Entscheidung bestätigt das Konzept der Konzernhaftung in Kartellschadensersatzfällen, inklusive der Haftung von Eltern- und wohl auch Schwesterunternehmen. Interessanterweise hat der EuGH diese Haftung direkt aus Art. 101 AEUV abgeleitet. Es stellt sich daher sehr grundsätzlich die Frage, welches Recht auf den Kartellschadensersatzanspruch Anwendung findet. Während die Generalanwältin Kokott und wohl auch Generalanwalt Wahl der Auffassung sind, dass materiell-rechtliche Fragen dem europäischen Primärrecht und prozessuale Fragen dem nationalen Recht unterliegen, plädierte Christian Kersting für eine deutlich größere Rolle des – natürlich durch die Kartellschadensersatzrichtlinie und den Effektivitäts-und Äquivalenzgrundsatz geprägten – nationalen Rechts.

 

Die Konferenz klang bei einem gemeinsamen Abendessen aus, bei dem die eine oder andere Diskussion fortgeführt wurde. Die Dinner Speech hielt Henne Schuwer, der bis gerade als Botschafter der Niederlande in den USA gedient hatte.

Mit der Brüsseler Konferenz dokumentiert das Düsseldorfer Institut für Kartellrecht die enge Verbindung zum europäischen Kartellrecht. Die Professoren Christian Kersting und Rupprecht Podszun und ihre Teams arbeiten regelmäßig nicht nur zu Fragen des deutschen Kartellrechts, sondern forschen auch zum europäischen Recht. Für die Doktorandinnen und Doktoranden des Instituts ist der Ausflug nach Brüssel eine willkommene Gelegenheit, mit Praktikern Kontakte zu knüpfen.

 

Adrian Deuschle & Maren Dittrich

Verantwortlichkeit: