Fehlerhafte Beschlüsse in Gesellschaften und Vereinen
Abhandlungen zum deutschen und europäischen Handels- und Wirtschaftsrecht, Band 62
1989. XIX, 225 Seiten. Kartoniert DM 124,--
ISBN 3-452-21346-3
Fehlerhafte Beschlüsse in Gesellschaften und Vereinen haben außer im Aktienrecht keine eingehende gesetzliche Regelung erfahren. In der Praxis behilft man sich für das GmbH-Recht seit langem mit der analogen Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen. Gesellschafterbeschlüsse bei der OHG und KG (auch bei der GmbH & Co KG) sollen dagegen bei Normverletzungen stets nichtig sein; die allgemeine Feststellungsklage dient hier zur Klärung der Rechtslage. Verschiedentlich wird allerdings die Ausdehnung des aktienrechtlichen Systems auf das gesamte Personenverbandsrecht gefordert.
Zu dieser Diskussion liefert der Verfasser in seiner von Wolfgang Zöllner betreuten Tübinger Dissertation einen Grundlagenbeitrag. Er geht von den Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts und des Verbandsrechts über normwidrige Rechtsgeschäfte aus. Dabei zeigt sich für den Verfasser, daß keineswegs alle Verstöße gegen Gesetze oder die in Satzung bzw. Vertrag niedergelegte gesellschaftliche Grundordnung dem Mitgliederbeschluß (beim Fehlen von Sonderregeln über die Anfechtung) jegliche Wirksamkeit nehmen: Vielmehr ist zwischen bestimmten schweren Beschlußmängeln und anderen Normwidrigkeiten zu unterscheiden. Erstere führen nach den §§ 134, 138 BGB und dem analog anzuwendenden § 241 AktG zu einer von jedermann zu jeder Zeit zu beachtenden generellen Nichtigkeit. Letztere ziehen dagegen nur den Nichteintritt der mit dem Beschluß bezweckten Wirkungen innerhalb des Verbands nach sich. Für außenstehende Dritte hat diese Fehlerhaftigkeit keine Bedeutung. Sie können sich auf die "interne Nichtigkeit" weder positiv noch negativ berufen. Im Aktienrecht sind diese Grundsätze eines allgemeinen Beschlußmängelrechts in den §§ 241 ff. AktG spezialgesetzlich normiert, aber dort auch mit der ganz anderen Frage nach dem Erfordernis einer Gestaltungsklage gegen anfechtbare Beschlüsse vermengt.
Das Klageerfordernis ist im Aktienrecht gesetzlich vorgeschrieben und bei dieser Verbandsform - so macht der Verfasser deutlich - aus Gründen der Rechtssicherheit auch angemessen. Bei Rechtsformen, die nicht typischerweise auf Mitgliederwechsel ausgelegt sind und keine formalisierten Beschlußfassungsprozeduren kennen, sieht er die Beschlußmängelklage zwar als ein mögliches Rechtsinstitut mit besonderen Wirkungen, aber keinesfalls als die einzige Möglichkeit an, fehlerhafte Beschlüsse zu rügen. Damit wendet sich der Verfasser gegen die ganz herrschende Meinung im GmbH-Recht, die den Gesellschaftern zur Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit von Beschlüssen nur den Klageweg (oder ausnahmsweise den Rechtsmißbrauchseinwand; vgl. BGHZ 101, 113) eröffnet. Die Kautelarpraxis könne jedoch stets in den Satzungen bzw. Gesellschaftsverträgen die Klagenotwendigkeit vorsehen.
Der Verfasser behandelt darüber hinaus weitere Elemente eines allgemeinen Beschlußmängelrechts, wie etwa den außergerichtlich erklärten Widerspruch gegen fehlerhafte Beschlüsse, die Frage einer angemessenen Frist für diese Rüge oder die Wirkungen eines Urteils im für den Kläger erfolgreichen Beschlußmängelprozeß.
Die Monographie ist in drei Hauptabschnitte aufgeteilt. In den ersten beiden Abschnitten werden die materiell-rechtlichen und die prozessualen Grundlagen erarbeitet, während der dritte Abschnitt den einzelnen Verbandsformen (GmbH; Personengesellschaften; Verein) gewidmet ist. Eine den Gedankengang nach-zeichnende Zusammenfassung schließt die Untersuchung ab.