Die Forderung, außerwettbewerbliche Ziele bei der Kontrolle von Unternehmensfusionen zu berücksichtigen, war Thema im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestags. Anlass war ein Antrag der Grünen, die die Bundesregierung aufforderten, gegen die Freigabe der Fusion Bayer/Monsanto vorzugehen. Die Parlamentarier holten sich für die Diskussion Rat von Sachverständigen – und als Experten wurden zwei Düsseldorfer Professoren geladen.
Rupprecht Podszun, Direktor des Instituts für Kartellrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, und der Ökonom Justus Haucap, Chef des Düsseldorf Institute for Competition Economics, beantworteten die Fragen der Abgeordneten zum Bayer/Monsanto-Deal und der Konzentration im Agrarmarkt. Die Übernahme des amerikanischen Saatgutproduzenten Monsanto durch die Bayer AG war vor allem bei Umweltverbänden auf heftige Kritik gestoßen. Eine Öffnung der europäischen Fusionskontrolle für außerwettbewerbliche Ziele, etwa Umweltschutzbelange, halten Podszun und Haucap aber für falsch. „Das ist weder im geltenden Recht so vorgesehen, noch ist das zielführend“, so Professor Podszun. „Das Kartellrecht kann nicht die Durchsetzungsdefizite in anderen Rechtsgebieten auffangen. Das würde die Kartellbehörden überfordern. Sie schützen Wettbewerb, das sichert Effizienz und Innovation in der Wirtschaft und damit Wohlstandssteigerungen. Machtballungen werden verhindert, kleinere und mittlere Unternehmen behalten Chancen im Markt, Güter werden leistungsgerecht und damit in gewisser Weise sozial verteilt. Diese positiven Wirkungen von Wettbewerb würden durch eine Integration aller möglichen weiteren Ziele verwässert.“ Auch Justus Haucap sah keine Notwendigkeit, die Praxis der Europäischen Kommission zu ändern: „Ich habe großes Vertrauen in die Arbeit der EU-Kommission“, sagte Haucap. In den aktuellen großen Chemie-Fällen wie Bayer/Monsanto und Dow/Dupont hat die Europäische Kommission ihr Prüfungsraster weiter entwickelt und insbesondere die Folge der Zusammenschlüsse für Innovationen in den Märkte beachtet. Große Teile der Forschungsabteilungen der Unternehmen mussten auf Verlangen der Europäischen Kommission an Wettbewerber verkauft werden. Die Anhörung in Berlin dauerte knapp zwei Stunden. Als weiterer Sachverständiger war auch der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, geladen.
„Diese Art der Politikberatung ist selbstverständlicher Bestandteil unserer Tätigkeit“, so Podszun. „Wir wollen ja, dass unsere Forschung Wirkung entfaltet. Wenn die Parlamentarier sich bei uns informieren, ist das auch ein Beleg für das ernsthafte Ringen um politische Entscheidungen, die auf wissenschaftlich fundierter Basis getroffen werden.“ Mit im Bundestag waren auch zwei Doktoranden von Professor Podszun, die ihre Doktorarbeiten zu kartellrechtlichen Themen schreiben.
Der Bundestag hat zur Anhörung eine Pressemitteilung veröffentlicht, die Sie unter diesem Link aufrufen können.
Die Anhörung können Sie sich in voller Länge in der Mediathek des Parlamentsfernsehens anschauen.
Anbei finden Sie außerdem die schriftliche Stellungnahme von Prof. Podszun.